space is the place

erscheint als Stück zum Teil entrückt - in seinem Versuch, die Grenze zwischen Sound und Nicht-Sound zu begreifen.
Um - ohne wegzugleiten,
vom Flüchtigen ins Unbekannte abzuschweifen, um - in gekrümmter Bahn,
am Ende bei sich selber anzukommen:
von hinten, und - in veränderter Gestalt.

Und:
was es in Bewegung hält,
auch die Gefahr birgt - dass es abstürzt und zu Boden fällt.
Denn:

alles beginnt mit Störungen und ernsthaften Turbulenzen:
mit Frequenzverfälschungen, Laufzeitfehlern und Bodenwellen aus Zeit, die auf das Stück aufschlagen, es durchschütteln und aus der Bahn werfen. Und: die Vorgänge verwirren, so dass unklar ist, ob das was folgt tatsächlich Folge ist oder vielmehr Ursache des vorangegangenen Geschehens.

Eingeschlossen in einen Raum, dessen Dimensionen sich beständig verschieben, der expandiert und sich verdichtet, dass es die Körper zerreißt oder zerdrückt, versuchen zwei zwei Überlebenden eines gescheiterten Downloads, von denen die eine an einem Virus leidet, der ihren Körper nach und nach in sensorisches, nicht-humanes Gewebe verwandelt, die andere nur über ein Übersetzungsprogramm sich verständlich machen kann - die eine entscheidene Frage zu klären:
ist dies ein NASA-Experiment oder dessen Testphase?
Ein Simulationsprogramm zur Erforschung von SAD : S-A-D : signal-abhängige Depression?
Warum nach außerirdischem Leben suchen - und vor allem:
warum akustisch?

ELKE: Bevor wir uns hierhin zurückgezogen haben, freiwillig oder nicht, und bevor diese Veränderungen mit uns begannen -
waren wir an einem großangelegten, halb-geheimen Projekt beteiligt: einem Projekt, bei dem es eine öffentliche, sichtbare Seite gab, die gleichzeitig eine andere überdecken sollte, und bei dem wir scheinbar nichts anderes taten, als den Himmel abzuhorchen auf der Suche nach Radiowellen mit ungewöhnlichen Mustern auf der Frequenz- und der Zeitachse, die man interpretieren konnte als Hinweise auf irgendetwas außerhalb von uns. Allerdings saßen nur wenige tatsächlich vor Lautsprechern - die meisten gaben die aufgefangenen Daten an Programme und Bildschirmschoner, und beschäftigten sich in der Zwischenzeit mit etwas anderem.

CLAUDIA: Lange Zeit hatte ich Verständnis dafür, weil ich die Dinge aus dem Blickwinkel derer sah, die wie ich an dem Projekt beteiligt waren. Hatte ich Verständnis, weil es beruhigender ist, nichts zu finden, anstatt nicht zu wissen, wonach man sucht.
Irgendwann aber kippt das. Hört man Dinge, die unmöglich zu hören sind, und mit einem Mal wurde mir klar, dass die geheime Seite des Projekts viel tiefer ging, als ich es bis dahin angenommen hatte.
Warum also horchte man nur noch ab, anstatt auf sich aufmerksam zu machen und zu warten?
Und warum hatte man damit aufgehört, selber Sounds ins All zu schicken, so wie es früher gemacht worden war?

Früher -
als man Voyager 1 und 2 auf die Reise schickte mit dem Ziel, irgendwann die Grenzen unseres Sonnensystems zu verlassen, und beide Sonden diese mit Gold überzogene Schallplatte mit dabei hatten; außerdem: eine Nadel und das dazugehörige Abtastsystem, sowie graphische Darstellungen zum Verständnis von Schall, seiner analogen Speicherung und der Umwandlung, beziehungsweise Rückführung des Gespeicherten in akustische Signale - in gewisser Weise also: eine Anleitung zum Bau eines ausserirdischen Plattenspielers.

Und:
als man den Kontakt noch suchte und versuchte mit dem was klingt, weil: das, was klingt, das Fremde ist an sich: das Andere.
Weil das, was klingt - von Dingen singt: von jenseits der Vorstellungswelten.

KAROLINA: Dieses Projekt, dessen tatsächlicher Name ebenso wie seine wahre Bestimmung nur den wenigsten bekannt war, trug nach außen hin die unverdächtige Bezeichnung Seti:
S-E-T-I, was angeblich und frei übersetzt bedeuten sollte: Suche nach außerirdischer Intelligenz, im internen Sprachgebrauch aber meinte: Search and Destroy, also: suchen und zerstören.
Es dauerte eine Weile, bis wir das herausfanden, und noch ein bißchen länger, bis uns klar wurde, wie genau das wirklich zutraf.

Mit:
Karolina Sauer, Claudia Splitt, Elke de Boer
Text, Musik, Regie:
Albrecht Kunze
Redaktion:
Gisela Corves
Produktion:
Westdeutscher Rundfunk 2001, 53min
  1. Es hatte diese Sache mit den Frequenzverfälschungen gegeben
  2. Something To Remember
  3. Alles beginnt mit Stille
  4. Die Sache ist nicht einfach zu verstehen
  5. Ist dies ein NASA-Experiment oder dessen Testphase?
  6. Bevor wir uns hierhin zurückgezogen haben
  7. Did You Ever Run, Did You Ever Hide?
  8. Warum sind wir hier und worum geht es?
  9. Space 1
  10. Angefangen hatte alles mit Störungen
  11. Reflexionsversuche in Hallräumen, Echokammern, und auch überall sonst
  12. Warum es das Fremde ist, dass es zu finden gilt
  13. If There Is Something (We Can See)
  14. Space 2
  15. Das Verschwinden von allem, was in der Mitte des Klangs sich befand
  16. Hier ist die Stimme des Raumbogens, die Stimme der gekrümmten Zeit
  17. Space 3
  18. Seitdem diese Dinge passieren
  19. Space 4
  20. Kurz vor dem gescheiterten Download, der uns zerstört hat und zugleich: neu zusammengesetzt eine zweite Chance
  21. Lift Off And Pass Away
  22. Alles, was ich je getan habe, stand allein in Beziehung zur Schwerkraft
  23. Bevor die Veränderungen mit uns begannen, und die Verzweiflung im kosmischen Raum
  24. Ich, Datenträger außer mir und sich
  25. Did I Ever Run, Did I Ever Hide?
  26. Was, wenn wir Personen unter Einfluß sind - unter Einfluß von Sound?
  27. Was mich immer am meistens verwirrt hat, war dieser Glaube an die Kraft des Gespeicherten
  28. Something To Remember