Golfkrieg Girls & Boys

sucht und versucht sich in unbekannter Lage und Landschaft als Stück. Denn:
die Golfkrieg Girls & Boys, eine Tanztruppe für Krisengebiete, sind auf dem Weg zu einem Engagement in einem Militärcamp, wo sie nach einer Explosion während der großen Parade dringend erwartet und gebraucht werden, da die bisherige Showtruppe, die tanzenden Luftwaffenhelferinnen, bei dieser Detonation bis auf eine Tänzerin komplett in die Luft gesprengt worden ist.

Ihr Flugzeug stürzt ab über der Wüste, die Demarkationslinie oder Schlachtfeld eines ungeklärten Krieges um Ressourcen und Glauben bildet, und der Aufprall der Maschine, vom Sand in seiner Ausbreitung gedämpft, jedoch so heftig, dass es Kanzel und den oberen Teil des Rumpfes einige Meter tief in den Boden rammt, ist auch eine Erschütterung von Gewißheiten. Die Überlebenden der Truppe: Kelly, Kim, Nik, DJ Dan und M 3 setzen als erstes ihre tanzende Managerin Claudia ab, die den wahren Grund des Engagements, die Explosion während der Parade und die dadurch entstandene Vakanz, verschwiegen hatte, und beschließen, sich durch die Wüste zum Camp durchzuschlagen.

DJ DAN: Überall Panzer- und Raketenattrappen aus Holz, Leinwand und Farbe oder Teile davon. Verbrannte Fahrzeuge und verbrannte Körper, das Schlachtfeld von vormoderner Formlosigkeit. Spuren des Kampfes, der vielleicht einen Sandhügel weitergezogen ist und inmitten oder zwischen dessen Fronten die Golfkrieg Girls & Boys verunglückt sind. Im Schatten des hoch aufragenden Hecks lagert die Truppe, bzw. das, was von ihr übrig geblieben ist, und:
Diskussion ist, wie die weitere Zukunft der Truppe nach der beträchtlichen Dezimierung durch das Unglück aussehen kann.

Man beschließt, das vorhandene Programm für den bevorstehenden Auftritt neu zu gestalten und zu proben, so man den Weg findet durch die sich ständig ändernde Landschaft, nicht bei militärischen Auseinandersetzungen welcher Art auch immer weiter verkleinert wird und mit den widrigen Bodenverhältnissen zurechtkommt.

M 3: Die einzige Möglichkeit in einer Heißwüste zu überleben ist es, den bekannten und vertrauten Tagesablauf umzukehren. Die Stunden der extremen Sonneneinstrahlung an möglichst geschützten Orten und im besten Fall schlafend verstreichen zu lassen, und nachts in der manchmal empfindlichen Kälte sich zum Camp durchzuschlagen.
Was für unsere Körper und die für uns Tänzer so wichtige Kondition gut und richtig ist, erweist sich als Problem für die Notwendigkeit, das Programm neu zu choreographieren und zu proben: der Widerschein der Kämpfe in der Entfernung, die wir tagsüber nicht zu Gesicht bekommen, gibt nicht ausreichend Licht, um sich aneinander zu orientieren.

NIK: Ich sehe, dass es schlecht um unserere Gruppe bestellt ist, um Identität und Integrität, und Verantwortung und Zusammengehörigkeit, oder dass wir Probleme damit bekommen werden. Vielleicht ist der Absturz daran schuld, und Konflikte brechen auf, die wir längst umtanzt geglaubt haben, oder die Gegebenheiten der Landschaft werden die Wahrnehmungen auf die Dinge, die wir getan haben und tun werden, vollständig ändern.

Mit:
Elke de Boer, Nikola Duric, Clemens Giebel, Karolina Sauer, Jan Single, Claudia Splitt
Text, Musik, Regie:
Albrecht Kunze
Running Away, You Caught Me Smiling: Sylvester Stewart
Down Down Down: L. Liebert / R. Miranda
Redaktion:
Barbara Schäfer, Herbert Kapfer
Produktion:
Bayerischer Rundfunk 1997, 53min
  1. Ein Absturz in der Wüste
  2. Running Away (To Get Away)
  3. Eine Tanztruppe für Krisengebiete
  4. Überall Panzer- und Raketenattrappen
  5. Die einzige Möglichkeit, in einer Heißwüste zu überleben
  6. Es gibt keinen Grund für irgendeine Angst
  7. Aber hier ist alles anders: die Stille ist schon vor der Musik
  8. Wer kann auf Sand steppen?
  9. Der Step-Across-The-Border
  10. In der Wüste: Verfolgungs- und Verschwörungstheorien
  11. Der Molekül-A-Go-Go
  12. Es geht um Verrat und Vertrauensmißbrauch
  13. Ein Nasenbluten, dessen Ursache unklar ist
  14. Down Down Down
  15. Eine Geschichte aus der Zeit des kalten Krieges
  16. Tanzen in der Wüste bedeutet, dass sich die Tanzfläche auflöst
  17. Running Away (To Get Away)
  18. Ein akustisches Phänomen in der Wüste
  19. Schallverfälschungen, -deformationen und -täuschungen
  20. Tanzende Datenträger
  21. Störungen bei Reizweiterleitung und - verarbeitung
  22. Ein Stern, der um den Dancefloorplaneten kreist
  23. Gewachsene, traditionelle Grenzen gegen absichtsvoll gezogene
  24. Gedankentransfers oder in einer bestimmten Frequenz geflüsterte Dialoge
  25. Früher, in annähernd vergleichbaren Situationen
  26. Down Down Down
  27. Wenn man immer hinter den Fronten auftritt
  28. Der Nato-Stern-Tanz
  29. Verstrickungen in den militärischen Apparat
  30. Die Zukunft liegt in den Schutzzonen
  31. Die Sonne eine gleissende Discokugel
  32. Am Rande der Wüste, das Militärcamp in Sichtweite
  33. Der Absturz war auch eine Erschütterung von Gewißheiten
  34. You Caught Me Smiling